Im Leben geliebt, im Tode unvergessen – Die Toten mahnen

Stumme Zeugen längst vergangener Tage, das sind die Ehren- und Mahnmale, die sich in allen Ortschaften der Stadt befinden. Auf ihnen verzeichnet Namen und Daten, die von Tragödien menschlichen und zivilen Lebens berichten. Es sind die Opfer der beiden großen Weltkriege und der Kriege davor. Einmal im Jahr, da werden sie gesehen, die Monumente der Trauer, des Erinnerns, des Versprechens „Nie wieder“. Einmal im Jahr, da werden sie reich versehen mit Blumengestecken und Schleifen. Es ist Volkstrauertag!

Burg | Mehrmals im Jahr kommt Eberhard Schmidt aus Roßlau an den kühlen Stein. Mehrmals im Jahr, da nehmen Schwiegertochter, Sohn und Enkel die Bürste in die Hand, um das graue Kreuz von Moos zu befreien und die Würde des hier Begrabenen zu erhalten. Er, der hier liegt, ist einer von 424 jungen Menschen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges auf dem Burger Soldatenfriedhof ihre letzte Ruhe fanden. Der eine, den Eberhard Schmidt auch nach 78 Jahren nicht vergessen kann, ist sein älterer Bruder Gerhard. Am 30. Juli 1921 geboren, fand er mit nur 23 Jahren am 16. April 1945 auf einem Operationstisch des Burger Lazarettes den Tod.

Gerhard Schmidt hat sich mit den letzten Tagen seines Bruders beschäftigt. Jahrzehntelang hatte er dafür Zeit. Heute weiß er, sein Bruder floh erfolgreich aus englischer Gefangenschaft, wandte sich an die deutsche Feldgendarmerie und kam in den Harz. Von dort aus fuhr er mit einem Truppentransport zu einem letzten Fronteinsatz, den er nicht erleben sollte. Noch auf der Fahrt zur Front geriet sein Zug unter Tieffliegerbeschuss. Gerhard Schmidt erlitt einen Bauchschuss und kam nach Burg in das hiesige Lazarett. Ein Chirurg nahm sich ihm an, vergebens. Gerhard Schmidt - ein Einzelschicksal, das es in Deutschland rund acht Millionen Mal und weltweit etwa 70 Millionen Mal während der Zeit des zweiten Weltkrieges gab.

Millionen dieser Einzelschicksale folgten in den 158 Kriegen, die nach 1945 geführt wurden. Millionen Menschen starben als Soldaten, als Zivilisten, Flüchtlinge, Vertriebene und Verfolgte. An das, was sich Eberhard Schmidt aus eigenem Erleben erinnern kann, können sich die meisten in unserer Gesellschaft heute nicht mehr erinnern. Der Krieg ist Geschichte und doch allgegenwärtig. Darauf machte auch der Burger Bürgermeister Philipp Stark aufmerksam. Er sagte: Der Volkstrauertag ist ein Tag der Erinnerung an Krieg und Gewalt und ein Tag des Gedenkens an die Toten. So unzeitgemäß der Begriff „Volkstrauertag“ in manchen Ohren auch klingen mag – sein Anlass ist und bleibt hochaktuell. Der Volkstrauertag will an die Opfer von Krieg und Gewalt erinnern. Wir alle sind aufgefordert, Toleranz und Völkerverständigung zu leben.“ Dem schloss sich der Vorsitzende des Burger Stadtrates Markus Kurze (MdL), in seiner diesjährigen Trauerrede an. Kurze erklärte: „Und weil es eben unvorstellbar ist, gehört jede Debatte darüber, ob es eines Volkstrauertages bedarf, wie wir ihn am heutigen Tag begehen, von vornherein unterbunden“ und fügte später hinzu: „Der Volkstrauertag gehört zu den immateriellen Gedächtnisstützen, die dafür sorgen, dass in jeder Generation zumindest im Ansatz vorstellbar ist und bleibt, welches Leid Krieg und Gewalt anrichten.“

Kurze kam auch auf jene zu sprechen, die sich um den Erhalt der materiellen Gedächtnisstützen der vielen Ehren-, Krieger- und Mahnmale bemühen. Menschen wie Eberhard Schmidt, der dies im Kleinen für den Grabstein seines Bruders tut. Menschen und Vereine, die dies in ihren Ortschaften für alle die Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen tun, denen Mahnmale errichtet wurden.

Dazu sagte Kurze: „Dank und Anerkennung gelten Denjenigen, die diese Kriegsdenkmale als Orte des Gedenkens, der Erinnerung und der Mahnung erhalten und pflegen. Wir brauchen sie. Sie müssen heute und in Zukunft als wichtiger Teil der Erinnerungskultur und Orte des Lernens weiter bestehen. Denn die Toten vergangener wie aktueller Kriege führen uns vor Augen, wie zerbrechlich Frieden ist.“

Mit der Niederlegung der Kränze am neu gestalteten Platz zwischen dem deutschen Soldatenfriedhof und dem sowjetischen Ehrenmal, zeigten die Fraktionen des Burger Stadtrates und zivilen wie militärischen Verbände ihre Anteilnahme und gedachten gleichzeitig den Toten von Krieg und Gewalt.

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